Jeder der Besucher hat so seine eigenen Vorstellungen über die Insel Grönland. Oft basieren diese auf Dokumentationen oder sie rühren von Büchern her. Diese Informationen betreffen nicht nur die schroffe und raue Natur der Insel, sondern auch das Leben und die Lebensweise der hier seit Jahrhunderten ansässigen Menschen. Jedes Land und Volk zeigt seinen Besuchern selbstverständlich oft nur die "Schokoladenseite" des Seins. Selbstverständlich sind auch in der menschlichen Gesellschaft dieser Insel profane und allgemeine Probleme an der Tagesordnung, so wie überall auf der Welt.
Auf Grund der relativen Abgeschiedenheit und der bestehenden Infrastrukturprobleme erleben die Menschen auf Grönland die Problematik des gesellschaftlichen Zusammenlebens wahrscheinlich wesentlich intensiver als wir es tun in unserer urbanen Umwelt. Häufig stellt sich dem Besucher daher die Frage - "Wie bestreiten die Grönländer eigentlich ihr alltägliches Leben ?" Die gesellschaftliche Veränderung, welche sich hier an den Menschen und ihrer urbanen Umwelt in einer kurzen Zeitspanne vollzog ist enorm.
Eine jede Nation auf unserem Planeten hat oft ihre eignen und spezifischen Probleme welche es gilt zu lösen. Dieses gilt selbstverständlich und insbesondere auch für die junge und kleine Nation Grönlands innerhalb der globalen Weltgemeinschaft.
Die Grönländer wurden quasi von der Steinzeit in das Zeitalter des Internets und der globalen Vernetzung in einem Zeitspanne nur ca. 100 Jahren katapultiert. Diese Entwicklung haben die Menschen beispielsweise in Europa in Jahrtausenden durchlaufen. Wenn man beispielsweise bedenkt, dass die Grönländer vor der Christianisierung keinerlei Schriftsprache entwickelten und nun ihren Weg durch die Wirren der Weltgemeinschaft antreten sollen.
Der königliche Stander in Nuuk
Einen großen Schritt in Richtung Zukunft haben die Grönländer im Jahre 2009 vollzogen. Dies war das Jahr, welches von den Einwohnern lange ersehnt wurde, es wurde ein großer Schritt in die Souveränität, bzw. Unabhängigkeit von Dänemark vollzogen. Ich verwende an dieser Stelle bewusst nicht den Terminus "Selbstständigkeit", denn der Begriff Selbstständigkeit beinhaltet ein Stück weit mehr Unabhängigkeit als diese kleine Gesellschaft zu diesem Zeitpunkt vertragen oder verkraften kann. Vollkommen unabhängig sind die ungefähr 56.000 Einwohner Grönlands noch lange nicht. Ohne die andauernde wirtschaftliche und finanzielle Unterstützung des "Mutterlandes" Dänemark kann die Gesellschaft auf dieser Insel nicht existieren - noch nicht.
Diese Unterstützung des Mutterlandes Dänemark, insbesondere auf dem finanziellen Sektor, ist wahrscheinlich auch ein Stück weit eine Art von Wiedergutmachung und Beruhigung der dänischen Obrigkeit - Staates - für die, in der Vergangenheit gemachten, Fehler. Diese Probleme des States Grönland, und der hier lebenden Menschen, sind sehr vielschichtig, insbesondere betrifft dies die herschende und um sich greifende Arbeitslosigkeit und den Alkoholismus. Diese Probleme sind durchaus gravierend aber sie sind jedoch nur die Spitze des Eisberges.
Leicht ist man versucht der Verlockung des Geldes und den gemachten vollmundigen Versprechungen von Aussen zu folgen. Es gibt durchaus politische Kräfte in Grönland welche versucht sind den reichen Schatz an verschiedenen Rohstoffvorkommen der Insel an die Häscher aus China zu veräußern. Gott sei Dank konnte dies bislang abgewehrt werden durch das Veto Dänemarks. Die chinesische Seidenstrasse soll, nach den Vorstellungen der chinesischen Führung in der Arktis enden. Nur bleibt dieses Bestreben in absehbarer Zukunft wohl nicht allein bei dem Ausbau der wirtschaftlichen Handelsbeziehungen. Es ist davon auszugehen, das China auch bestrebt sein wird ihre Seidenstrasse auch militärisch abzusichern.
Chinesisches Militär in der Arktis, im Herzen Europas, das wollen wir Europäer wohl doch nicht wirklich sehen. Allerdings möchte die grönländische Nation auch nicht zum 52. Bundesstaat der Vereinigten Staaten werden. Offerten dahin gehend wurden bereits von Donald Trump geäußert, man könne Grönland einfach erwerben - so wie einst der Bundesstaat Alaska von Russland.
Sie sehen lieber Besucher/Leser, es gibt vieles zu berichten aus dem Land der Menschen, geformt aus Eis. Zumindest hat dies noch den Anschein für den Besucher. Die Arktis wird einer der Meßlatten für die Zukunft der menschlichen Zivilisation und Gesellschaftssysteme sein. Zusätzlich zu den sich manifestierenden ökologischen und klimatischen Verwerfungen in absehbarer Zukunft.
Vieles mehr sowie Annekdoten und Geschichten ist in meinem Buch über Grönland nach zulesen.
Viele der Grönländer haben einst ihr ursprüngliches Leben als Jäger und Fischer aufgegeben bzw. aufgeben müssen. Sie sind dem Lockruf und dem mittel- oder unmittelbaren Zwang der einsitgen Kolonialmacht gefolgt und haben ihr ursprüngliches Leben innerhalb der dörflichen Kommune gegen eine Wohnung in den Plattenbauten der Städte getauscht.
Sie tauschten das Qajaq gegen das Motorboot, und den Hundeschlitten gegen den Snowscooter. Ob dieser Tausch ein guter war, bleibt zu bezweifeln. Wenn Sie als Besucher Grönland besuchen, dann schauen Sie doch selbst einmal hinter die Fassade, welche Ihnen oft vorgegaukelt wird. Nicht alle Grönländer wohnen in den kleinen bunten Häuschen auf den Granitfelsen.